Der Blick zurück in die Uerdinger Vereinsgeschichte gilt diesmal unserem ehemaligen Abwehrspieler Wolfgang Funkel. Er war von 1984 bis 1991 für Uerdingen aktiv und hatte danach eine sehr erfolgreiche Zeit als Spieler beim 1. FC Kaiserslautern.
Wolfgang Funkel begann seine Karriere bei seinem Heimatverein VfR Neuss. Schon damals hatte er gute Kontakte nach Uerdingen, denn sein älterer Bruder Friedhelm war zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre als Profi bei den Blau-Roten aktiv. Als der damals 20-Jährige im Frühjahr 1980 seinen Wehrdienst in Essen ableistete, durfte er auf Vermittlung seines Bruders sogar vorübergehend mit der Uerdinger Bundesliga-Mannschaft trainieren.
Liebe auf den zweiten Blick
Zu einer Verpflichtung des großgewachsenen Abwehrrecken kam es seinerzeit jedoch nicht. So wechselte Funkel 1982 zu Viktoria Goch in die Oberliga Niederrhein, wo er gleich in seinem ersten Jahr vom Zweitligisten Rot-Weiß Oberhausen entdeckt wurde. Bei den Kleeblättern schaffte er umgehend den Sprung zum Stammspieler und zählte in der Saison 1983/84 zu den besten Vorstoppern der 2. Bundesliga. Davon überzeugten sich auch Uerdingens neuer Trainer Kalli Feldkamp und Manager Reinhard Roder, die den „Langen“ mehrfach unter die Lupe nahmen. So kauften die Uerdinger Funkel aus seinem bis 1986 laufenden Vertrag in Oberhausen heraus – ein Transfer, der sich mehr als bezahlt machen sollte.
Weil Bayer Uerdingen zur neuen Saison noch auf der Suche nach einem Vorstopper war, hat Trainer Karl-Heinz Feldkamp zunächst meinen Bruder befragt, ob er mir die 1. Liga zutraut. Friedhelm hat scheinbar ein gutes Wort für mich eingelegt und schließlich hat der Verein mich für 800.000 DM verpflichtet. So kam ich mit 25 Jahren zu meinem Bundesligadebüt. Besser spät als nie.
Wolfgang Funkel (meine-traumelf.de)
Brüderpaar Wolfgang und Friedhelm Funkel erstmals vereint
Damit war das Brüderpaar Wolfgang und Friedhelm Funkel erstmals vereint. Um sich voll und ganz auf die neue große Herausforderung konzentrieren zu können, gab Wolfgang Funkel seinen Job in einem Neusser Sportgeschäft auf, das von seinem Bruder und dem ehemaligen Uerdinger Spieler Peter Szech geführt wurde. Trotz starker Konkurrenz in der Abwehr setzte sich Funkel auf Anhieb in der Bundesliga durch. Er machte sich schnell einen Namen als harter und kompromissloser Manndecker, der aber auch durch seine fußballerischen Qualitäten bestach. Zudem war er aufgrund seiner enormen Kopfballstärke äußerst torgefährlich. Namhafte Stars wie Rudi Völler, Klaus Fischer, Uwe Rahn oder Felix Magath stach er aus und so dauerte es nicht lange, bis Berti Vogts den damals 26-Jährigen als so genannten „Alten Herren“ in die U21-Nationalmannschaft berief. Unter dem späteren Bundestrainer spielte Funkel als Libero, der die Abwehr organisieren und für Impulse nach vorne sorgen sollte. Auch auf dieser Position, die er schon in Oberhausen gespielt hatte, wusste Funkel damals zu überzeugen. Seine erste Saison 1984/85 krönte der Defensivspezialist mit dem Gewinn des DFB-Pokals. Im Endspiel in Berlin gegen den FC Bayern schaltete er Münchens Mittelfeldmotor Sören Lerby aus und lieferte ein ganz starkes Spiel ab.
Wenn Wolfgang mit seinen 1,90 m gelaufen ist, sah das nicht sehr elegant aus. Es hatte was von einem Entengang. Aber das hat nicht darüber hinweggetäuscht, was für ein erstklassiger Verteidiger er war. Ob am Boden, in der Luft oder im Laufduell, meist blieb er der Sieger und kam mit seiner Pferdelunge nicht aus der Puste. Mit seinen Kopfbällen hat er in der Defensive aufgeräumt und in der Offensive für Gefahr gesorgt. So sehr man sich auf dem Platz auf ihn verlassen konnte, so sehr galt das auch außerhalb des Rasens.
Norbert Brinkmann (meine-traumelf.de)
Das Spiel seines Lebens
In der Saison 1985/86 steigerte sich Funkel noch einmal. In der Bundesliga wurden die Uerdinger als beste Rückrundenmannschaft sensationell Tabellendritter, im Europapokal erreichten sie das Halbfinale. Auf dem Weg dorthin machte Funkel beim legendären 7:3 im Viertelfinale gegen Dynamo Dresden das Spiel seines Lebens und hatte mit drei Toren maßgeblichen Anteil an dem „Wunder von der Grotenburg“. Aufgrund seiner konstant starken Leistungen wurde er von Bundestrainer Franz Beckenbauer für die deutsche Nationalmannschaft nominiert und feierte am 14. Mai 1986 im Alter von 27 Jahren sein Debüt im Dortmunder Westfalenstadion gegen die Niederlande (3:1). Funkel gehörte auch zum vorläufigen Aufgebot für die Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko, wurde aber trotz seiner überragenden Saison kurz vor der Abreise zusammen mit Guido Buchwald, Heinz Gründel und Frank Mill aus dem endgültigen Kader gestrichen.
Wolfgang Funkel gewinnt olympische Bronzemedaille
Beim Neuaufbau der Nationalmannschaft nach der WM war Funkel wieder ein Thema für Franz Beckenbauer und so kam er am 29. Oktober 1986 in Wien zu einem zweiten Einsatz in der A-Nationalmannschaft. Es war das Eröffnungsspiel des neu erbauten Prater-Stadions (heute Ernst-Happel-Stadion) und Deutschland unterlag dem hochmotivierten Gastgeber Österreich deutlich mit 1:4. Nach diesem durchwachsenen Spiel war das Thema Nationalmannschaft erst einmal auf Eis gelegt, doch Funkel wurde danach fester Bestandteil der deutschen Olympia-Auswahl. Mit der Olympia-Elf qualifizierte er sich für die Spiele 1988 in Seoul. An der Seite seiner Uerdinger Mannschaftskameraden Gerd Kleppinger und Holger Fach spielte er ein sehr starkes Turnier. Im Halbfinale traf Deutschland auf Brasilien mit den späteren Weltmeistern Cláudio Taffarel, Jorginho, Bebeto und Romario. Beim Stand von 1:1 verschoss Funkel in der 83. Minute einen Elfmeter, der den Einzug ins Finale bedeutet hätte. Das Spiel ging in die Verlängerung und schließlich ins Elfmeterschießen. Während die Uerdinger Kleppinger und Fach verwandelten, verschossen ihre Kollegen Janßen, Klinsmann und Wuttke. Deutschland unterlag mit 2:3 und verpasste damit den Einzug ins Finale. Im Spiel um Platz drei sicherte sich Funkel mit einem hochverdienten 3:0 gegen Italien die olympische Bronzemedaille.
Als der Bruder zum Trainer wurde
In Uerdingen gehörte Wolfgang Funkel jahrelang zu den Leistungsträgern in der Bundesliga. Doch seine siebte und zugleich letzte Saison in Krefeld sollte zum verflixten siebten Jahr werden, denn die Saison 1990/91 stand für die gesamte Uerdinger Mannschaft unter keinem guten Stern. Bereits am 2. Spieltag sah Funkel bei der 0:2-Heimniederlage gegen Wattenscheid die Rote Karte und wurde für mehrere Wochen gesperrt. Am 15. Spieltag folgte eine weitere Rote Karte und die nächste Sperre. Am Ende der Saison 1990/91 stieg die Mannschaft als Vorletzter aus der Bundesliga ab. Gegen Ende der Saison bestritt Wolfgang Funkel noch zwei Spiele unter seinem Bruder Friedhelm, der zu diesem Zeitpunkt gerade die Mannschaft als Trainer übernommen hatte. Nach dem Abstieg wechselte Wolfgang Funkel zum Überraschungsmeister 1. FC Kaiserslautern und blieb somit der Bundesliga erhalten.
So einen freundlichen und lustigen Menschen wie Wolfgang trifft man nur selten. Während unserer Zeit in Uerdingen sind wir richtig gute Freunde geworden und haben viel zusammen unternommen. Davon könnte ich tagelang Geschichten erzählen. Zum Glück war das Fußballbusiness damals noch nicht so gläsern wie heute, so dass wir außerhalb des Platzes viel freier waren.
Werner Vollack (meine-traumelf.de)
Wechsel nach Kaiserslautern
In der Pfalz gab es ein Wiedersehen mit seinem ehemaligen Uerdinger Trainer Kalli Feldkamp. Mit dem FCK scheiterte er im ersten Jahr in der Qualifikation für die Gruppenphase der damals neu eingeführten Champions League nur aufgrund der Auswärtstorregel knapp am späteren Titelträger FC Barcelona.
Auch in Kaiserslautern avancierte Funkel zu einem der Leistungsträger und sorgte mit den „Roten Teufeln“ in der Bundesliga für Furore. In der Saison 1993/94 verpasste der FCK unter Trainer Friedel Rausch nur knapp die deutsche Meisterschaft und lieferte dabei teilweise herausragende Spiele ab. So gewann Funkel mit den Pfälzern im Saisonendspurt mit 7:1 beim MSV Duisburg und fertigte eine Woche später den damals von Franz Beckenbauer trainierten FC Bayern auf dem heimischen Betzenberg mit 4:0 ab. In seiner letzten Bundesliga-Saison belegte er 1994/95 mit Kaiserslautern noch einmal den vierten Platz, kam aber nur noch zu acht Einsätzen und beendete schließlich im Alter von 36 Jahren seine aktive Profikarriere.
Karriere als Trainer
Anschließend erwarb er 1997 an der Sporthochschule Köln die Trainerlizenz und sammelte erste Erfahrungen bei seinem Heimatverein VfR Neuss. Es folgte ein Engagement als Co-Trainer bei Rot-Weiß Oberhausen, bevor er 2001 in gleicher Position zu Hansa Rostock wechselte. Dort arbeitete er zunächst an der Seite seines Bruders Friedhelm, dann bis 2005 unter Juri Schlünz. Von November 2005 bis April 2007 war er Co-Trainer von Wolfgang Wolf beim 1. FC Kaiserslautern. Nach der Entlassung von Wolf übernahm Funkel die Mannschaft übergangsweise als Cheftrainer, bevor er nach der Verpflichtung von Kjetil Rekdal wieder ins zweite Glied rückte.
Im März 2016 wurde Wolfgang Funkel vom KFC Uerdingen zum Ehrenmitglied ernannt.